Zuletzt überarbeitet am 19. Juli 2023 von Franzi
Ihr Lieben, ich möchte über meine Kindheit sprechen. Aber keine Angst, es folgt jetzt keine Analyse à la Sigmund Freud. Trotzdem beschäftigt mich ein Thema wahnsinnig, seitdem mich eine gute Freundin aus der Schulzeit darauf angesprochen hat. Wir gingen gerade an der Isar spazieren, als sie mich plötzlich fragte: „Sag mal, wie hat sich das mit deinem Blog eigentlich entwickelt? Du warst doch damals beim Schulsport auch grottenschlecht.“
Werbehinweis: Alle mit einem Sternchen* gekennzeichneten Links in diesem Post sind Affiliate-Links. Wenn ihr etwas über meinen Affiliate-Link kauft oder bucht, erhalte ich eine kleine Provision. Für euch ändert sich dabei aber nichts und es fallen auch keine Gebühren oder Ähnliches an.
Inhalt
Wie es sich anfühlt, ein unsportliches Kind zu sein
„Überhaupt nicht sportlich“ war in diesem Zusammenhang die Untertreibung des Jahrhunderts. Ich war erbärmlich. Grauenhaft. Lächerlich. Gruselig. So unerträglich schlecht, dass sich meine ehemaligen Sportlehrer wohl noch heute Geschichten über mich erzählen. „Weißt du noch damals, als sie wieder vom Stufenbarren geknallt ist?“. „Haha ja und damals, als sie den Volleyball an den Kopf bekommen hat und K.O. gegangen ist?“. Nur so am Rande: Ich habe bis heute eine Ball-Phobie.
Meine sportlichen Leser werden jetzt aus allen Wolken fallen, wenn ich ihnen erzähle, dass ich tatsächlich „eine von denen“ war. Ein unsportliches Kind – ungeschickt und untalentiert in jeder Hinsicht. Vor jedem Schulsport fühlte ich mich wie ein Lamm, das zum Schlachter geführt wird. Und wenn es nach eineinhalb grauenhaften Stunden endlich vorbei war, hätte ich heulen können vor Glück.
Schöne und günstige Unterkünfte findet ihr bei Booking.com.*
Lust auf ein Airbnb? Hier schenke ich euch 25 Euro auf eure erste Buchung.*
Die aktuellen Flugpreise könnt ihr bei Skyscanner* vergleichen.
Jeden Tag ein Brüller: Die kleinen Demütigungen des Alltags
Dabei war ich noch nicht einmal körperlich „eingeschränkt“, wie so manches übergewichtige Kind in meiner Klasse. Da gab es zum Beispiel dieses sehr dicke Mädchen, das die Sportstunden wohl als noch zermürbender empfunden haben muss als ich. Denn im Gegensatz zu mir gab sie sogar ihr Bestes im Schulsport – scheiterte aufgrund ihres Gewichts aber trotzdem an jeder noch so einfachen Aufgabe.
Ich erinnere mich noch gut an folgende Situation: Vor dem Turnen auf dem Stufenbarren sollten wir eine Vertrauensübung machen, da wir uns ja gegenseitig Hilfestellung geben mussten. Also sollte sich jedes Mädchen der Reihe nach rückwärts von einem Kasten (diese richtig hohe Dinger!) fallen lassen. Aufgefangen wurde es von allen anderen, die sich rechts und links positionierten und die Arme nach vorne ausstreckten. Das klappte auch alles ganz gut.
Nur bei unserer übergewichtigen Mitschülerin kam es, wie es kommen musste: 15 Kinder sahen einen riesigen Berg Mensch, der sich in rasendem Tempo auf sie zubewegte – und zogen instinktiv die Arme ein kleines bisschen zurück. Unsere Mitschülerin klatschte mit einem lauten Knall auf den Boden. Dass sie sich dabei nicht die Wirbelsäule gebrochen hat, war wohl nur der dünnen Matte zu verdanken, die unsere Sportlehrerin geistesgegenwärtig noch kurz vorher ausgerollt hatte. Letztere kam dann direkt auch entsetzt angerannt und schrie in Panik: „Hast du dir wehgetan? Geht’s dir gut?“. „Alles O.K.“, krächzte unsere Mitschülerin mit letzter Kraft. Ich bin mir sicher, dass sie in diesem Moment alles andere als O.K. war und vermutlich die Schmerzen ihres Lebens erleiden musste. Trotzdem versuchte sie, die Sache runterzuspielen, um dieser Demütigung endlich ein Ende zu bereiten.
Ab der siebten Klasse stand ich mit meiner Abneigung zum Glück nicht mehr ganz alleine dar. Unter den Mädels galt es plötzlich als „cool“, den Schulsport scheiße zu finden und sich möglichst oft und möglichst erfolgreich davor zu drücken. Mir fiel zu dieser Zeit ein Stein vom Herzen. Denn endlich konnte ich zumindest so tun, als hätten meine miesen Leistungen mehr mit meiner Egal-Attitüde als mit meiner unglaublichen Unsportlichkeit zu tun.
Bundesjugendspiele abschaffen: Deshalb habe ich unterschrieben
Dass ich das Schulsport-Trauma bis heute nicht überwunden habe, wurde mir schlagartig bewusst, als eine Mutter aus Konstanz vor Kurzem eine Petition zur Abschaffung der Bundesjugendspiele startete. Ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, unterschrieb ich das Ding. Die nächsten drei Stunden verbrachte ich dann damit, mir sämtliche Kommentare unter sämtlichen Artikeln zum Thema durchzulesen. Hier gab es ganz klar zwei Lager: Meine Leidensgenossen, die den Sportunterricht als ähnlich traumatisch erlebt haben und ihre Kinder vor derartigen Demütigungen bewahren wollten. Und die glühenden Verfechter einer jahrelangen Tradition, die ihrer Meinung nach die Lust auf Sport bei deutschen Schülern fördern soll.
Der am häufigsten genannte Kritikpunkt der aufgebrachten Eltern: „Mein Kind soll lernen, dass man im Leben nicht immer gewinnen kann.“ bzw. „Mein Kind soll lernen, dass man sich anstrengen muss, um etwas zu erreichen.“. Dabei wollte ich doch damals überhaupt nichts gewinnen und auch nichts erreichen. Und ihre Siegerurkunde hätten sich meine Sportlehrer gerne dahin stecken können, wo die Sonne nicht scheint. Das einzige was ich wollte, war dieses Martyrium irgendwie zu umgehen.
Terror auf dem Sportplatz: Das macht so Spaß hier
Denn ganz ehrlich: Wer kann denn ernsthaft glauben, dass unsportliche Kinder Lust auf Bewegung bekommen, wenn sie bei 35 Grad im Schatten unter den hämischen Blicken ihrer Mitschüler über den Sportplatz gescheucht werden? Ich habe jedenfalls jede Art von Schulsport verflucht, während ich Bälle in die falsche Richtung warf, mit dem Kopf voraus im Sandkasten landete und mir beim Hochsprung den Rücken verrenkte.
Obwohl ich immer ein halbwegs anständiges Kind war, begann ich ab der achten Klasse, die Unterschrift meiner Mutter zu fälschen (Mama, falls du das liest: Besser ein paar gefälschte Unterschriften, als eine Serienkillerin zur Tochter). Natürlich bin ich darauf nicht stolz, aber die so gewonnene Lebensqualität war mir diese kleine moralische Verfehlung auf jeden Fall wert.
Braucht der Schulsport eine Generalüberholung?
Deshalb würde ich heute gerne die Frage in den Raum stellen: Ist es wirklich nötig, die Sportlichkeit eines Kindes mit Noten zu bewerten? Natürlich könnte man jetzt so argumentieren, dass ja auch nicht jedes Kind fit in Mathe, Deutsch oder Sprachen ist. Aber sollte Sportunterricht nicht doch irgendwo eine Sonderstellung haben?
Wäre es nicht viel wichtiger, Kinder zum Sport zu animieren und zu begeistern, anstatt sie mit Noten unter Druck zu setzen und eisern ein starres Programm durchzuziehen? Angesichts des steigenden Übergewichts bei jungen Menschen finde ich es wirklich bedenklich, wenn Kinder Bewegung mit negativen Gedanken assoziieren. Denn bei mir hat es wirklich Jahre gedauert, bis ich den Spaß am Sport für mich entdeckt habe. Und wer weiß, in welche Richtung mein Leben verlaufen wäre, wenn ich mich nicht irgendwann dazu überwunden hätte, den ein oder anderen Sport auszuprobieren?
Fazit: Was ich gerne besser machen würde
Vielleicht wäre es zumindest ein Anfang, nicht ALLE Sportarten zu benoten, sondern zum Beispiel nur eine pro Halbjahr? Auf diese Weise könnten die talentierten Schüler weiterhin belohnt und gefördert werden. Gleichzeitig hätten aber auch die „Unsportlichen“ die Möglichkeit, das ein oder andere versteckte Talent ohne Druck und Angst vor schlechten Noten zu entdecken. Und warum gibt es im Sport eigentlich keine Mitarbeitsnoten, wie in allen anderen Fächern auch?
Ich bin jedenfalls der Meinung, dass der Schulsport dringend eine Generalüberholung braucht. Denn wenn den Kindern weiterhin jeder Spaß an Bewegung genommen wird, werden sie nie freiwillig ihre Playstation stehenlassen und stattdessen eine Runde mit dem Fahrrad drehen. Und wenn ich mir einige Kinder in meiner Heimatstadt so anschaue, haben sie das wirklich dringend nötig.
Schöne und günstige Unterkünfte findet ihr bei Booking.com.*
Lust auf ein Airbnb? Hier schenke ich euch 25 Euro auf eure erste Buchung.*
Die aktuellen Flugpreise könnt ihr bei Skyscanner* vergleichen.
Du sprichst mir aus der Seele!! Mir ging es ganz genauso. Auch ich hatte eigentlich jede körperliche Vorraussetzung, sportlich zu sein. Trotzdem war ich zu langsam zum laufen, zu blöd zum werfen und zu trottelig zum springen. Leider habe ich meine Abneigung gegen jegliche Art von Sport immer noch nicht überwunden. Die schlimmste Demütigung war dann die die BJS. Da man sogar für eine Siegerurkunge eine Mindestpunktzahl erreichen mußte, habe ich in all den Jahren nicht eine Urkunde bekommen und stand als eine der wenigen mit leeren Händen da.
Daher vielen Dank für den tollen Artikel. Und unterschrieben habe ich natürlich auch.
Lieben Gruß
Ina
Da ging es dir ja ähnlich wie mir, liebe Ina :-). Ich habe nach dem Abi eine Diät gemacht – zuviel rumgesessen – und dafür mit Sport angefangen. Da habe ich dann zum ersten Mal gemerkt, dass Bewegung auch Spaß machen kann. Aber bis dahin habe ich Sport wirklich nur als Horror bzw. als Mittel zum Zweck (Abnehmen) gesehen. Echt schade. Vielleicht findest du ja auch noch die richtige Sportart. Liebe Grüße, Franzi
ich erkenne mich wieder 🙂
Danke.
Ein Leidensgenosse :-). Vielen Dank, lieber Holger!
Interessante Idee. Also ich war im Sportunterricht auch immer nur so mittelgut und habe schlussendlich Sportwissenschaften studiert 🙂
Ich denke allerdings nicht, dass es ein Problem der Bundesjugendspiele ist. Für die einen sind die das Problem, für die anderen das Vorrechnen in Mathe. Es ist ein grundsätzliches Problem des Schulsystems. Dort entsteht immer in irgendeiner Form Druck.
Die Lehrer sind überfordert und die Strukturen zu rigide, um sich rechtzeitig an gesellschaftliche Veränderung anzupassen.
Wenn du aber einen coolen Lehrer hast, kann jedes Fach Spaß machen. Für mich waren die Bundesjugendspiele jedenfalls immer eine willkommene Abwechslung zum Schulalltag auch wenn ich da nicht glänzen konnte.
Jetzt stehe ich auf der anderen Seite und sehe dass die Kids immer unsportlicher werden 🙂 An meiner Schule haben sie deswegen die Regeln der BJS geändert, damit die Kinder schneller Erfolgserlebnisse bekommen.
Na ja, darüber könnte ich jetzt den ganzen Tag reden aber das führt zu weit!
Hi Fabian, lieben Dank für deine Sichtweise! Bist du denn jetzt Sportlehrer? Grundsätzlich bin ich absolut pro Schulsport. Ich habe nur an mir selbst gemerkt, wie radikal diese starren Systeme den Kids jeden Spaß am Sport verderben können. Bei mir war es wirklich ein absoluter Zufall, dass ich mit ca. 18 Jahren ein paar Sportarten für mich entdeckt habe. Genauso gut könnte ich jetzt aber auch eine übergewichtige Kettenraucherin sein :-). Deshalb fände ich es auch so wichtig, diese veralteten Strukturen endlich aufzubrechen. Liebe Grüße, Franzi
Als Schweizer habe ich zwar keine Ahnung, was Bundesjugendspiele sind. Aber ich bin auch für eine Abschaffung… 🙂
Bei uns in der der Schweiz (oder zumindest in meinem Kanton) war es so , dass die Sportnote keinen Einfluss aufs Zeugniss hatte. Es spielte also beim Beförderungsentscheid keine Rolle, ob ich gut oder schlecht im Turnen gewesen bin. Da ich Probleme mit dem Rücken hatte, stand in meinem Zeugnis ohnehin jeweils nur „teilgenommen“.
Ich denke nicht, dass es viel verändern würde, wenn es grundsätzlich keine Noten mehr gäbe. Denn zumindest bei uns war der soziale Druck viel grösser als der schulische. Stets als letzter gewählt zu werden, ist natürlich nichts Schönes. Derjenige zu sein, wegen dem die Mannschaft verloren hat, auch nicht. Ein Trauma habe ich nicht bekommen. Aber Sport ist für mich noch immer ein Unding.
Meiner Meinung nach bestünde die Lösung eher in Wahlsportarten, bei denen man jedes Semester etwas Neues ausprobieren kann oder Sportarten ausüben kann, die einem Spass machen.
Mich würde aber interessieren, wie du nach der Schule deine Sportabneigung überwinden konntest?
Lieber Oli, du bist ein beneidenswerter Mensch :-). Sei froh, dass du nie in diesen zweifelhaften Genuss kommen musstest. Ich finde auch nicht, dass man Sportnoten komplett abschaffen sollte – irgendwo muss es ja auch einen Ansporn geben. Meiner Meinung nach sollte aber mehr Wert auf Mitarbeit und Engagement gelegt werden. Außerdem finde ich, dass man nicht unbedingt jede einzelne Sportart nach starren Vorgaben benoten muss. Bei uns lief das immer nach dem gleichen Prinzip ab: Neue Sportart, zwei Stunden geübt, in der dritten Stunde gab’s Noten. Aber dass man als weniger sportlicher Mensch bzw. als unsicheres Kind/Teenager in so kurzer Zeit keinen Hochsprung lernt, sollte eigentlich jedem vernünftig denkenden Menschen klar sein.
Bei mir war es übrigens absoluter Zufall, dass ich meine Sportabneigung überwunden habe. Nach dem Abi habe ich eine Diät gemacht, weil ich vom vielen Lernen zugenommen hatte. Sport war für mich also nur Mittel zum Zweck, um abzunehmen, was wirklich unglaublich schade ist. Nach einer Weile habe ich dann gemerkt, dass Bewegung wirklich Spaß machen kann und dass ich mich nach dem Training besser fühle. Es hat also wirklich 18 Jahre gedauert, bis ich meine negative Einstellung zum Sport verloren hatte. Liebe Grüße, Franzi
Ein sehr interessantes Thema! 🙂 Ich finde nämlich auch, man muss auch immer das Verhältnis sehen und das wird bei den Bundesjugendspielen nicht berücksichtigt. Manche Kinder waren damals beispielsweise zwei Köpfe größer als ich und viel kräftiger. Demnach war es auch für mich als kleine, zierliche Person eigentlich fast schon unmöglich, so schnell zu rennen oder so weit zu werfen oder zu springen wie die Mädchen in meinem Alter, die wie gesagt mir körperlich einfach überlegen waren. Traumatisiert hat es mich nicht, aber ich habe dadurch schon in jungen Jahren die Einstellung bekommen, dass ich ne Niete in Sport bin, was natürlich nicht so toll ist wenn ein Kind so etwas von sich denkt.
Liebe Grüße,
Steffi
Hi Stephanie. Das sehe ich ähnlich wie du. Nicht jeder hat die gleichen körperlichen Voraussetzungen, um die geforderten Ergebnisse zu erzielen. Ich hätte mir damals auch nie träumen lassen, dass mir Sport jemals Spaß machen würde. LG Franzi
Ich finde es schwierig. Ich, als ziemlich sportlicher Mensch, hatte nie ein Problem mit dem Sportunterricht – obwohl ich natürlich auch oft keine Lust hatte. Ich gehört auch nie zu denen die eine 1 im Sport hatten. Wenn die Noten für Sport abgeschafft würden, womit könnte man sich dann noch motivieren? Was ist mit denen, die in Deutsch, Mathe und Englisch beispielsweise schlecht sind? Die würden dann nur noch mit schlechten Noten konfrontiert und und ihnen würde die einzige Möglichkeit, vielleicht in irgendwas gut zu sein, genommen werden.
Hi Andy. Grundsätzlich gebe ich dir Recht – ich finde auch nicht, dass die Sportnoten komplett abgeschafft werden sollten. Ein bisschen Motivation muss es ja geben. Allerdings finde ich, dass das System einmal komplett generalüberholt werden sollte. Denn wenn man schon den Jüngsten die Lust auf Sport und Bewegung nimmt, wird es in unserer Gesellschaft irgendwann immer mehr Übergewichtige geben. LG Franzi
Als ich von der Petition gelesen habe, hätte ich instinktiv auch sofort unterschrieben, musste mir aber auch erstmal klar machen, woran das lag.
Ich selbst hatte immer Spaß am regulären Sportunterricht. Ich war zwar nie ein sportlicher Überflieger, aber auch nie wirklich schlecht. Irgendwann setzte zwar eine pubertäre „ich laufe nur wenn ich gejagt werde“ Haltung ein, aber auch die hab ich Gott sei Dank im Studium wieder abgelegt, als ich endlich die passenden Sportart für mich entdeckt habe.
Die Bundesjugendspiele jedoch habe ich schon immer aus tiefster Seele verachtet.
Der Grund für mich war weniger eine Demütigung, als viel mehr die Frustration über die Bewertung meiner Leistungen. Man muss dazu sagen, dass ich zu den jüngsten Schülern meiner Stufe gehörte und auch bei körperlichen Entwicklung immer bei den Schlußlichtern war. Das führte dann dazu, dass mir über viele Jahre hinweg schlichtweg die Voraussetzungen fehlten ernsthaft mit meinen Mitschülern zu konkurrieren.
Jetzt könnte man sagen, dass das Problem ja thoeretisch auch beim normalen Sportunterricht bestand, aber dort fiel es einfach deutlich weniger auf. Bei Manschaftssportarten konnte ich mit Laufbereitschaft und Spielübersicht punkten und bei allem was irgendein Sportgerät erforderte war Geschick ohnehin oft ein größerer Faktor als die reine Physis. Bei den BJS hingegegen wurde ich nach einer Liste beurteilt. Wenn ich den Fosbury-Flop beim Hochsprung beherrschte, kümmerte das niemanden, sofern meine zwei Köpfe größeren Klassenkameraden aus dem Stand über meine Maximalhöhe springen konnten. Beim Kugelstoßen, Werfen und Weitsprung sah das alles ähnlich aus. Für mich war es unfassbar demotivierend zu sehen, dass ich mit Anstrengung maximal das erreichen konnte, was andere mit halber Kraft schafften und nicht einmal für meinen Einsatz gelobt zu werden.
Am Ende zählten nur die zusammengerechneten Punkte der Disziplinen – Basta. Also versuchte ich spätestens bei meinen zweiten Bundesjugendspielen nicht mal mehr mich zu steigern.
Motivation habe ich immer nur bei den Schülern gesehen, die um den „Tagessieg“ mit den meisten erreichten Punkten kämpfen konnten. Alle anderen waren genauso unmotiviert, wie die Lehrerschaft, die als „Disziplinaufseher“ zwangsrekrutiert wurden.
95% der Anwesenden (egal welchen Alters) wollten schlichtweg nicht da sein.
Da ich nicht glaube, dass sich dies grundsätzlich geändert hat oder ändern wird und nach allem was ich hier so gelesen habe, bin ich nach wie vor überzeugt, dass die Bundesjugendspiele weder Sportbegeisterung fördern können, noch den Charakter formen.
Hi Kalle! Ich kann sehr gut nachvollziehen, was du schreibst. Dieses starre Punktesystem ist auch so ein Punkt, der meiner Meinung nach generalüberholt werden sollte. Wie du schon sagst gibt es gerade in der Pubertät riesige Unterschiede bzgl. Körpergröße, Gewicht, Muskulatur etc. – trotzdem werden hier keinerlei Abstufungen vorgenommen. Dazu kommt noch, dass Jahr für Jahr höhere Werte erreicht werden müssen, ohne das dafür nötige Training. Das ging bei uns so weit, dass es ab der zehnten Klasse reihenweise 6er gehagelt hat, vor allem beim Sprint und Hochsprung. Einfach nur schwachsinnig. Liebe Grüße, Franzi
Mein Sohn ist 15 und leider mit unter 150 cm Körpergröße gut 20 cm kleiner als der Durchschnitt seiner Klasse. Er ist gertenschlank und hat keinen Spaß mehr am Sport, da er von der Umwelt über Jahre hinweg nur als Zwerg bezeichnet wurde. „Ich kann dich hochheben, ich kann dir auf den Kopf spucken, Dein Fahrrad ist ein Kinderrad, usw. “ Er kann nichts dafür, dass er sich zurückgezogen hat und lieber Bücher liest oder sich mit Hobbies in seinem Zimmer wohler fühlt. Der Spießroutenlauf ist ihm zuviel geworden. In Vereinen und auch im Schulsport wird nur das Können der Gleichwertigen verglichen. Wir sollen ihn aufbauen und sein Selbstbewußtsein stärken, aber im Sportunterricht gilt er als „Lusche“, er hüpt nicht hoch genug für sein Alter, nicht weit genug für sei Alter, läuft die 2000 m nicht weit genug für sein Alter. Als Sportarten im Unterricht gibt es dann noch Basketball und Handball. Toll! Da wird er nicht mal angespielt und wenn er den Ball mal hat, dann ist er ummauert von „Riesen“. Er hat sich nie gedrückt, aber der Lehrer sagt, er habe keine „andere Möglichkeit“ als ihn nach der Tabelle für seinen Jahrgang zu bewerten. Damit erreicht er eine 5 oder 5- in allem, was er tut. Ein dicker Mensch, kann abnehmen, ein „zu kleiner“ Mensch hat Pech gehabt. Nach jedem Sport muss ich ihn 3 Tage aufbauen, es kann sich keiner vorstellen, wie erniedriegend das ist, wenn man beim Barren nicht ohne Sprung drankommt oder einen Hocker zum Aufsteigen bekommt. Ich würde mir wünschen, wenn schon bewertet ist, dass die persönlichen Leistungen festgehalten werden und man danach beurteilt, wie sehr man sich bemüht, sich zu steigern. Statt dessen wird mein Sohn schon in der Kabine aufgrund seiner „dünnen Ärmchen“ und „schwächlichen“ Größe gedemütigt, in Mannschaften nicht gewählt. Der Sportlehrer kriegt nichts mit und denkt nur er sei ruhig und lustlos.. Er hält ihn für unsportlich. Ich finde es unerträglich, dass die individuellen körperlichen Gegebenheiten und Besonderheiten selbst in Extremfällen NULL Rolle spielen und das seelische Wohl des Jugendlichen völlig ignoriert wird. Es gibt keinerlei Anerkennung, keine Aussicht auf Erfolge, nur auf Demütigungen, die er „seinem Körper“ zu verdanken hat. Wie soll da der Sport ein gutes Körpergefühl bewirken, durch starre Beurteilung nach Jahrgängen. Es ist sogar so abstruß, dass mein Sohn – da Wintergeborener und 1 1/2 Jahre älter als einige Klassenkameraden – noch eine Runde mehr laufen muss bzw. höher springen muss als andere. Wenn ich könnte, würde ich ihm dieses wöchentliche Vorgeführt-Werden und wöchentliche Bewußtmachen seiner „körperlichen Unzugänglichkeiten“ gerne ersparen !!
Toller Beitrag. Mir ging es ganz ähnlich wie dir. Ich habe Schulsport gehasst und war eine Niete in fast allem. Ab 10. Klasse hatte ich dann eine Teilsportbefreiung und konnte quasi bis auf Volleyball nichts Mehr mitmachen. Was nicht viel besser war, den auch Volleyball konnte ich nicht besonders gut. Vielleicht lag es aber auch daran, da wir mit den Jungs zusammen Spott hatten und manche den Baal dermaßen über das Netz gedroschen haben, das auch nur der Versuch einer Annahme lebensmüde gewesen wäre.
Leistungskontrollen liegen bei und auch so ab: 1-2x probiert und dann bewertet, man hatte also gar keine Chance zu trainieren.
Wenn ich so höre das es an anderen Schulen eine Auswahl an Sportarten gab, die man dann ein ganzes Semester lang trainiert hat, bin ich nur neidisch.
Ich glaube, der Erfolg des Sportunterrichts liegt sehr stark auch am Interesse der Lehrer. Wenn die keine Lust und keine Ahnung haben, dann haben auch die Schüler keine Freude dran und man erreicht eher das Gegenteil: jegliche Sportverweigerung. Ich habe ca 15 Jahre fast keinen Sport gemacht und mich und als Titel unsportlich bezeichnet. Vor ein paar Jahren habe ich mit den laufen begonnen und schaffe nun 10 km an Stück. Das hätte ich mit damals nur zugetraut!
Vielen Dank, liebe Nadi! Um die Sportbefreiung beneide ich dich wirklich – in der zehnten Klasse wäre das meine Rettung gewesen. In der 12. und 13. Klasse, also im Grundkurs auf dem Gymnasium, durften wir dann jeweils eine Sportart ein Semester lang trainieren. Meiner Meinung nach war das schon eine große Verbesserung, denn so hatte man zumindest die Chance, sich tatsächlich mal zu steigern. Ich finde es jedenfalls super, dass du dich überwunden hast, mit dem Laufen anzufangen. Liebe Grüße, Franzi
Oja, das kenne ich nur zu gut – könnte glatt aus meiner Schulzeit stammen. Ich konnte Stangenklettern, Bodenturnen und im Allgemeinen Geräteturnen gar nicht. Leichtathletik und Ballsportarten gingen noch. Bei Mannschaftsspielen wurde ich immer als letzte oder vorletzte in die Mannschaft gewählt. Sport mochte ich nie zur Schulzeit, weder in der Grundschule noch auf dem Gymnasium und in der Berufsschule erst recht nicht. Ich war auch nie dick, hatte in den ersten Klassen sogar Untergewicht, aber sportlich war ich nie. Jetzt mache ich gern und regelmäßig Sport. Ich hatte in der Schule 3 Hassfächer: Sport, Musik und Französisch. In Französisch hatten wir eine blöde Lehrerin, da machte es einfach keinen Spaß. Aber nun im Erwachsenenalter mag ich die Sprache und habe sogar im Institut francais mehrere Sprachkurse gemacht.
Die Schulzeit kann durch den permanenten Leistungsdruck vieles den Kindern versauen, obwohl es ihnen eigentlich gefallen könnte. Zu den Bundesjugendspielen kann ich nicht viel schreiben? Müssen das alle Schüler machen? Wenn das so wie die Matheolypiade ist, würde ich es nicht schlimm finden, wer möchte macht beim Ausscheid mit und qualifiziert sich, wer nicht möchte, eben nicht. Die Argumente der Eltern, die das befürworten, sollen wahrscheinlich verschleiern, dass die Eltern selbst keine Lust haben etwas mit dem Nachwuchs unternehmen und sich hinstellen und meinen, dass die Schule das leisten solle. Und dieses Konkurrenzdenken der Eltern nervt mich schon wieder, „mein Kind soll lernen, dass man nicht immer gewinnen kann“. Also wenn ich mal ein Kind haben sollte, dann lernt es von mir, dass man sich nicht ständig mit anderen vergleichen braucht, sondern dass man gesellschaftlich weiterkommt, wenn man kooperiert und gezielt die Stärken von jedem nutzt.
LG Myri
Oh ja, an das „in die Mannschaft wählen“ erinnere ich mich auch noch sehr gut 🙂 – ein Albtraum! Wie cool, dass du genau wie ich am Ende doch noch zum Sport gefunden hast. Ich bin heute so froh, dass Sport ein Teil meines Lebens ist – auch wenn die Schule da absolut nichts dazu beigetragen hat, ganz im Gegenteil. Liebe Grüße, Franzi
Hach Franzi, mir geht es genauso. Inklusive Sportlehrerin, die irgendwann wegen der Fehlzeiten bei mir Zuhause anrief. Die Geschichte ging aber gut aus, meine Mutter kannte die Geschichte aus ihrer Kindheit und hat mich verteidigt.
Der Sport und ich wurden erst Freunde, als ich die Schule wechselte und eine neue Lehrerin bekam. Ausgerechnet eine Ex-Olympiasiegerin im Kunstturnen hatte es sich zum Ziel gemacht, den Schülern die Freude und nicht die Qual zu vermitteln.
Ich hab die Petition sofort unterschrieben und mir sehr, sehr viel Häme dafür eingeholt. Egal. Ich würde die noch mal unterschreiben.
Danke für deinen Beitrag.
Viele Grüße
Tanja
Hallo Tanja! Oh ja, den Anruf dürfte meine Mutter auch das ein oder andere Mal bekommen haben. Wie schön, dass es doch noch ein paar Lehrer(innen) gibt, die es schaffen, ihren Schülern Spaß am Sport zu vermitteln. Ich hatte eine solche Lehrerin genau ein Mal. Allerdings in der fünften Klasse, da war die Motivation sogar noch da. Danach hatte ich leider nur noch diese Kandidaten, die stur ihr Programm durchziehen und sich konsequent weigern, dabei mal nach rechts und links zu schauen. Liebe Grüße, Franzi
Wauw… I’m a little surprised to see that so many in the comment section actually didn’t enjoy PE. I absolutely loved it! Two hours of play time and you didn’t even have to prepare anything before going to class 😀 We never got graded or got notes on our performance in PE (up til 10th grade) but we were expected to actively participate in the activity. In Denmark, just before all kids go on autumn break, we have a day called „Skolernes Motionsdag“ – it’s like a national exercise day where most schools participate. Focus on this day is all about creating a positive exercise experience, having fun and being part of the community. At my school we could chose between walking/running 3, 5, 10 or 15km – alas, there was a distance for everyone. After completing your walk or run, you would get a diploma for participating 🙂 Of course competition between some kids did exist but for those who could careless about crossing the finish line in the best time, they still were able to enjoy their day in their own pace 🙂
Deinen tollen Blog und interessanten Beitrag habe ich erst heute entdeckt…
Ich habe mit dem Schulsport auch keine guten Erfahrungen gemacht. Beim guten Wetter haben wir dauernd Volleyball gespielt, aber ich war die schlechteste und habe es gehasst. An die anderen Disziplinen kann ich mich schlecht erinnern. Meinen Talent zum Ausdauersport hat keiner entdeckt und gefördert. Aber es waren andere Zeiten und ich habe bis zum 23. Lebensjahr in Polen gelebt. Mein Sohn besucht jetzt die Grundschule in Deutschland und Sport neben Mathe gehört zu seinen Lieblingsfächern, deshalb kann ich mich nicht beschweren. Ob die Noten wirklich alle Kinder motivieren, weiß ich nicht. In Kunst ist mein Sohn schlecht, malen kann er (wie ich) nicht und auf seinem Zeugnis aus der dritten Klasse hat er die Note befriedigend. Die Note kann ihn nicht motivieren, schöner zu malen, weil er das nicht kann. Und das muss nicht sein. Ein Kind kann gut malen, ein anderes hat Talent für Sport.
Insgesamt finde ich aber, dass Sport schon sehr wichtig für jeden Menschen ist. Die ersten 38 Jahre meines Lebens habe ich kaum Sport gemacht und es hat mir nicht gut getan. Mit 20 habe ich festgestellt, dass die körperliche Anstrengung nichts für mich und Laufen fand ich schrecklich. Ich bin zwar etwas geschwommen und Rad gefahren, aber ab 30 hat es mir nicht mehr geholfen, das Gewicht zu halten. Erst kurz vor 40, vor 5 Jahren, habe ich mich für Sport begeistert. Am Anfang war es Heim- und Crosstrainer zu Hause sowie Training im Fitnessstudio, dann habe ich mit dem Laufen langsam angefangen. Seit 2 Jahren mache ich viel Sport an der frischen Luft: Wandern, Mountainbike, Langlaufen. Vor einem Jahr habe ich das Rennradfahren für mich entdeckt und in diesem Jahr ein paar Wettkämpfe absolviert (zwei 10er Läufe, einen Halb- und einen Marathon, einen Triathlon/Volksdistanz). Alles macht Riesenspaß und bereichert mein Leben.
Mein Beispiel zeigt, dass eigentlich jeder etwas Talent zum Sport hat 🙂 Es liegt an der Motivation. Mit 20 habe ich keine gehabt. Jetzt will ich schlank, fit und gesund bleiben sowie ein erlebnisreiches Leben führen. Das motiviert mich, nicht die Leistung.