Zuletzt überarbeitet am 23. Mai 2020 von Franzi

Der Mythos Standby Fliegen ist ungebrochen: Jetset-Leben, Business-Class-Flüge und für wenig Geld um die Welt. Mein reisebegeisterter Bekanntenkreis beneidet mich oft darum, dass ich mich dank meines Jobs günstig auf Restplätze vieler Airlines buchen kann. Aber leider ist der Fliegerhimmel heute nicht das Thema. Stattdessen möchte ich euch erzählen, wie es auf der Fliegererde so zugeht. Denn am Ende ist eben doch nicht alles Gold, was glänzt.


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Beim Standby Fliegen gibt es genau zwei Regeln:

  1. Vollzahler haben immer Vorrang
  2. Der Standby ist der unterste in der Hackordnung

Selbst wenn du schon mit einem Bein im Flieger stehst, bedeutet das bei einem vollen Flug konkret: Sobald sich ein Vollzahler spontan zu einer Reise entschließt oder ein Geschäftsreisender sein Flexi-Ticket umbucht, bekommst du einen Tritt und findest dich im besten Fall auf der Warteliste wieder.

24 Stunden Zittern: Unsere Odyssee nach Bali

Und manchmal geht beim Standby Fliegen eben alles schief, was schiefgehen kann. So wie neulich, auf unserem Flug nach Bali. Denn der lief in etwa so ab:

10:00 Uhr: Ein neuer Tag bricht an. Wir packen unseren Koffer und freuen uns auf einen entspannten Business-Class-Flug nach Bali. Der Traumurlaub steht vor der Tür. Alles ist gut.

12:00 Uhr: Ich checke die Buchungszahlen, und so langsam ziehen düstere Wolken am Horizont auf. Waren gestern nicht noch über 60 Plätze frei? Hat sich eine gigantische Hippie-Gruppe zu einem spontanen Selbstfindungstrip zusammengeschlossen?

14:00 Uhr: Aktualisieren, aktualisieren, aktualisieren.

15:00 Uhr: Der Flieger läuft über. First voll. Business voll. Eco drei freie Plätze.

16:00 Uhr: Ich ziehe die Notbremse und beschließe kurzerhand, unsere Flüge fest zu buchen. Das funktioniert mit einer Art virtuellem Guthaben (kein echtes Geld), das jeder Airline-Mitarbeiter jährlich zugeteilt bekommt. Schweren Herzens opfere ich mein gesamtes Jahresguthaben, um uns zwei Economy-Plätze zu ergattern.

17:00 Uhr: Die Bestätigungsmails sind da. Aber wieso hat nur mein Freund eine eTIX-Nummer bekommen? Ich kann nicht länger darüber nachdenken, denn wir müssen dringend los zum Flughafen.

18:15 Uhr: Endlich am Schalter angekommen. Dann der Schock: Tatsächlich ist nur mein Freund fest gebucht. Mein Ticket ist nicht durchgegangen. Natürlich ist es jetzt schon zu spät für eine feste Buchung.

18:25 Uhr: Gemeinsam mit der hilfsbereiten Kollegin am Schalter suchen wir fieberhaft nach einer Lösung. Kurzerhand wird sämtliches Gepäck auf meinen Freund geschrieben und erst einmal weggebracht. Ich ziehe meinen Laptop aus der Tasche und versuche fieberhaft, ein neues Ticket zu buchen. Der Telekom-Hotspot am Flughafen ist mir dabei leider keine große Hilfe. Das Internet stürzt ständig ab und jede neue Seite braucht gefühlt eine Stunde zum Laden.

18:35 Uhr: Meine Nerven liegen blank. In 25 Minuten geht der Zubringer nach Frankfurt. Nachdem meine Kreditkarte zweimal abgelehnt wurde, gelingt es mir mit meinen zitternden Fingern endlich, den Standby-Flug zu buchen.

18:40 Uhr: Die Mail kommt an und die Kollegin am Schalter stellt mir eine Boardkarte aus. Der Flug um 19 Uhr ist nicht mehr buchbar – 20 Uhr steht auf der Karte. Deshalb ruft sie am Gate an und bittet die Kollegen dort, mich trotzdem mitzunehmen.

18:45 Uhr: Wir bedanken uns überschwänglich und rasen zur Sicherheitskontrolle. Neben uns sprinten vier Asiaten, mit denen wir uns ein Rennen liefern. Wir gewinnen, und haben am Scanner nur zwei andere Passagiere vor uns. Natürlich gehören genau diese beiden zu der Sorte Mensch, die in ihrem Leben noch nie ein Flugzeug von innen gesehen haben. Mascara, Wasserflasche, Laptop,… der Sicherheitsmann muss ihnen jedes Teil einzeln aus der Nase ziehen.

18:52 Uhr: Wir rennen zum Gate. Falsches Gate. Wir rennen zum Gate. Richtiges Gate. Glück gehabt: Gerade noch am Boarden.

18:59 Uhr: Die Kollegin am Gate ist informiert und gibt mir einen Sitzplatz. Den letzten. Zwei Flugschüler landen auf den Jumps. Knappe Kiste, aber stehen bleibt niemand.

19:30 Uhr: Ich bin unglaublich erleichtert, endlich im Flugzeug zu sitzen. Wirklich genießen kann ich das Ganze aber nicht. Standby Fliegen mit einer vollen Maschine nach Jakarta – beschissener geht’s kaum.

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Zubringer geschafft, jetzt geht’s ans Eingemachte

20:45 Uhr: Wieso ist der Frankfurter Flughafen eigentlich so riesig?

21:00 Uhr: Endlich an der Passkontrolle.

21:10 Uhr: Bei den Kollegen am Schalter erfahre ich zu meinem Entsetzen, dass der Flieger mittlerweile mit 14 Plätzen überbucht ist. Außerdem hat die Maschine ein Gewichtsproblem. Übersetzt heißt das, dass keine Jumpseats vergeben werden.

21:20 Uhr: Die nette Kollegin am Gate macht mir nicht allzu viel Hoffnung. Für den Fall, dass ich stehenbleibe, wird mein Gepäck vorläufig ausgeladen. Als sie mein trauriges Gesicht sieht, meint sie aufmunternd: „Erst mal abwarten, manchmal verschluckt der Flughafen auch Passagiere.“

21:35 Uhr: Noch 25 Minuten bis zum Abflug. Nach und nach werden sämtliche Vollzahler auf der Warteliste akzeptiert. Am Ende steht da nur noch mein Name und der eines anderen Standby-Fliegers. Mittlerweile bin ich auf dem ersten Platz. Also müsste nur noch ein Passagier seinen Flug verpassen. Wie viele Karma-Minuspunkte bringt es wohl, wenn ich eine alte Dame auf der Toilette einsperre?

21:40 Uhr: Ich resigniere und beginne, nach einem Hotel für die Nacht zu suchen. Mein Freund ist mittlerweile safe und hat auch einen Sitzplatz bekommen. Weil der Flieger am nächsten Tag noch stärker ausgelastet ist, soll er schon vorfliegen. Ich würde dann einfach morgen nochmal mein Glück versuchen.

21:47 Uhr: Die Kollegen am Gate unterhalten sich hektisch und ich höre immer wieder meinen Namen. Ich bin mir sicher, dass mein Gepäck bereits die Reise zum Band angetreten hat.

21:50 Uhr: Alle Gäste sind jetzt eingestiegen. Gerade als ich mich von meinem Freund verabschieden will, legt die Kollegin den Telefonhörer auf. Ihr dürft mit, erklärt sie mir und dem anderen Standby freudestrahlend.

21:51 Uhr: Ich möchte am liebsten jeden einzelnen Mitarbeiter am Gate umarmen. Leider bleibt mir dafür keine Zeit, weil ich zum Flugzeug rennen muss. Wieder einmal bin ich völlig hin und weg von der Kollegialität in der Fliegerei.

22:05 Uhr: Mit einer überglücklichen Passagierin mehr rollt das Flugzeug auf die Startbahn. Ich sitze in der Holzklasse. Wenig glamourös, aber zufrieden. Endlich kann ich mich für ein paar Stunden entspannen, nachdem ich den ganzen Tag Blut und Wasser geschwitzt habe. Jetzt gibt es nur noch eine Hürde zu überstehen: Den Anschlussflug von Jakarta nach Denpasar. Natürlich müssen wir standby fliegen – ich kann das Wort nicht mehr hören.

Endlich Indonesien! Jetzt nur noch weiter auf die Insel

17:30 Uhr (+1): Endlich in Jakarta angekommen geht es heiter weiter. Durchatmen ist nicht, denn wir müssen eine halbe Stunde Verspätung reinholen. Also Gepäck vom Band gezerrt und zum Domestic Terminal durchgefragt. Nur noch ein kurzer Flug liegt vor uns, das Ziel ist zum Greifen nah. Eine lokale Airline mit dem klangvollen Namen Garuda Indonesia soll uns auf die Insel bringen.

18:00 Uhr (+1): Ein Garuda Indonesia-Mitarbeiter wurde ausfindig gemacht. Das Gespräch verläuft in etwa so: „We`re flying standby, where do we have to go?“ „Stääändbei, wot is stääändbei?“ Diese Diskussion zum Thema Standby Fliegen führen wir etwa drei- bis viermal, bis wir endlich einen kompetenten Mitarbeiter an der Angel haben. Er schickt uns zum Wartelisten-Schalter. Dort erfahren wir – wie sollte es auch anders sein – dass der Flug bereits voll ist und keine Jumps vergeben werden (oder vorhanden sind?).

18:15 Uhr (+1): Zum Glück geht am selben Abend noch ein Flug. Der hat sogar so viele freie Sitze, dass wir direkt ein Ticket mit Sitzplatz ausgestellt bekommen. Der einzige Haken: Wir müssen nochmal zwei Stunden warten.

23:30 Uhr (+1): Endlich, endlich, endlich am Ziel.

Fazit: Warum tun wir uns das eigentlich an?

Jetzt fragt ihr euch bestimmt zu Recht, warum wir für unsere Bali-Reise eine so unsägliche Route gewählt haben. Ganz einfach: Am liebsten wären wir natürlich mit einem der Asia- bzw. Golfcarrier geflogen, die bequem über Bangkok, Doha oder Dubai nach Bali fliegen. Allerdings sind die Flieger hier schon Tage vorher übergelaufen. Um auf Nummer Sicher zu gehen, haben wir deshalb beschlossen, auf die „eigene“ Airline zu setzen. So ist die Chance am größten, überall mitgenommen und nicht auf halber Strecke stehengelassen zu werden.

Bisher kam Standby Fliegen für mich nur bei Direktflügen in Frage. Die sind relativ unproblematisch: Bleibt man stehen, geht man eben wieder nach Hause und probiert es am nächsten Tag nochmal. Der Bali-Flug war quasi mein erstes Umsteige-Experiment. Und es ist gut ausgegangen, obwohl die Weiterreise zwischendurch immer wieder auf der Kippe stand. Ich jammere hier also wirklich auf höchstem Niveau. Denn ich habe schon Geschichten von Standbys gehört, die tagelang im Sandkasten (Dubai, Doha) oder in Bangkok (ok, das wäre ja noch ganz nett) gestrandet sind.

Deshalb würde ich im Nachhinein auch lieber ein paar hundert Euro mehr bezahlen und mich dafür entspannt als Vollzahler ans Ziel bringen lassen. In der Holzklasse – dafür ganz ohne Nervenzusammenbrüche und Panikattacken. Denn mit Urlaub und Erholung hat das Standby Fliegen wirklich absolut gar nichts zu tun.

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Standby Fliegen: Interjet Anflug auf Puerto Escondido

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